Ein Nationalpark, der einen an die Sahara erinnert; eine Stadt, in der man sich ins Mittelalter zurückversetzt fühlt; ein Archipel, wo Sie bestimmt Ihre Lieblingsinsel finden und eine Straße, die durch ursprüngliche Wälder und verwunschene Seen führt. Wandern Sie durch den Slowinzischen Nationalpark in Polens Norden, entdecken Sie Estlands Hauptstadt Tallinn, paddeln Sie auf dem Ålandarchipel zwischen Finnland und Schweden von Insel zu Insel und genießen Sie die Fahrt auf der Via Karelia entlang der finnisch-russischen Grenze. Diese Wohnmobilreise verspricht Abenteuer, interessante Städtebesuche, kulturelle Begegnungen und Natur pur zugleich. Auf geht’s in den Nordosten Europas!
Prolog
Noch anfangs Mai hatte ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es mit dem langgeplanten Amerikaurlaub doch noch klappt. Doch schon wenige Wochen später musste ich die Träume der fünfwöchigen Wohnmobil-Rundreise durch den Südwesten der USA endgültig begraben. Schuld daran: das winzigkleine Corona-Virus. Was nun?
Zuhause rumsitzen kam für mich nicht in Frage. Wir – meine liebe Frau Esther und unsere beiden Kinder Ian und Nina – entschieden uns nach kurzer Diskussion, den Norden Europas neu zu entdecken, obwohl wir schon etliche Ecken davon besucht hatten. Eine Mail an TUI-Camper genügte und schon wurde uns die Anmietung des Wohnmobils unkompliziert umgebucht.
Nun ging’s an die Reiseroutenplanung. In Zeiten von Corona gar nicht so einfach. Zu Beginn war Schweden angedacht, doch die steigenden Fallzahlen hielten uns von einer Reise ins Land von Astrid Lindgren und ABBA ab. So schwenkten wir auf Finnland um; ein letztendlich guter Entscheid. Für die Anreise wählten wir den Landweg über Polen und das Baltikum;
für den Rückweg entschieden wir uns für die direkte Fährfahrt einmal quer durch die Ostsee von Helsinki nach Travemünde.
Vorbereitungen
Endlich ging’s dann doch noch los. Nordosteuropa wir kommen!
Die Übernahme des Campers in Rheinfelden verlief äußerst unkompliziert, die Mitarbeiter waren super freundlich. Gaskochherd läuft. Bordtoilette in Ordnung. Elektrisches Hebebett lässt sich einwandfrei runter- und hochfahren. Alles prima!
Mein Tipp: Hören Sie aufmerksam zu und notieren Sie sich beim Rundgang wegen eventueller Schäden jeden Kratzer, es erspart Ihnen im Nachhinein viel Ärger.
Nach gut anderthalb Stunden spurte ich bereits auf die Autobahn ein. Unser Ziel: Möglichst weit in den Norden Deutschlands zu kommen. In der Lüneburger Heide wurden wir fündig, ein netter Campingplatz am Rande der Heide mit Blick auf eine Pferdekoppel (https://www.camping-lh.de/).
Polens Norden – kulturelle Schätze und Naturphänomen
Am nächsten Tag mussten wir uns erstmals einen Grundstock an Lebensmitteln zulegen. Das erledigten wir auf der deutschen Seite Usedoms. Aufgrund der Corona-Situation waren jedoch die Campingplätze total überlaufen. So entschieden wir uns rasch nach Polen weiterzufahren. Mit der Gratisfähre ging’s rüber nach Polen.
Mit dem Stettiner Haff und den beiden Inseln Usedom und Wollin zeigt sich die polnische Ostseeküste gleich zum Auftakt von ihrer schönsten Seite: mit breiten Stränden und hohen Kliffen.
Eingangstor und einen Abstecher wert könnte das 60 km von der Küste entfernte Stettin sein. Die heutige Hauptstadt der Provinz Westpommern lockt mit einer mittelalterlichen Altstadt, maritimem Flair und einem vitalen kulturellen Leben.
Das Highlight der Grenzregion aber ist für mich der Wolliner Nationalpark mit Klippen, türkisfarbenen Seen, Buchenwäldern, die zum Wandern einladen und einem riesigen Haff im Hinterland. Wer zudem gerne badet; an der Küste bei Miedzyzdroje locken herrliche Strände.
Mehr per Zufall las ich in einem Reiseführer von einem Nationalpark, der an die Sahara erinnert. Da wollte ich unbedingt hin. Ausgangspunkt bildet das nette Dörfchen Leba, gut zwei Stunden Autofahrt vom Wolliner Nationalpark entfernt, wo wir zwei Nächte auf einem gepflegten Campingplatz übernachteten (http://camping21.pl/?lang=de).
Von hier aus lässt sich der Slowinzische Nationalpark – UNESCO Biospährenreservat – entdecken. Wanderdünen und schilfige Salzseen, weite Täler mit knorrigem Gehölz aber auch Passagen mit dichtem Kiefernwald: Ein Tag in und auf den schneeweissen, sichelartigen bis zu 50 Meter hohen Dünen zählt zu den schönsten Erlebnissen einer Polenreise.
Zuerst geht es in einer guten Stunde auf einem gut ausgebauten Weg durch den Wald. Urplötzlich steht man vor der 42m hohen Lacka-Düne. Hier beginnt ein kurzer, aber anstrengender Aufstieg: Knöcheltief versinkt man im Sand, doch oben angelangt, wird man mit einem fantastischen Ausblick belohnt: Sandberge soweit das Auge reicht; landeinwärts erblickt man den vom Wind gekräuselten Lebsko-See, zum Meer hin das blaue Band der Ostsee.
Anschließend stapft man durch hohe Sandwehen Richtung Meer und nimmt immer neue Sahara-Bilder in sich auf. Alles dem Strand entlang geht’s zurück zum Ausgangspunkt. Vergessen Sie nicht, genügend Wasser und eine Kamera mitzunehmen!
Nach diesem unvergesslichen Ausflug wartete tags drauf schon ein weiteres Highlight, der Besuch der restaurierten Recht- und Altstadt Danzig, der ehemaligen Königin der Ostsee.
Ein Meer schmaler und in allen Farben schillernder Giebelhäuser und eine Armada wuchtiger Backsteinkirchen: Die Altstadt der einstigen Hansestadt Danzig wirkt so malerisch und in sich geschlossen, dass man sie glatt für die Kulisse eines Historienfilms halten könnte. Das Herzstück Danzigs ist die wiederaufgebaute Rechtstadt, wo die wohlhabenden, überwiegend deutschen Bürger lebten. Hielt der König Einzug, folgte er einem sich stets wiederholenden Ritual: So betrat er die Stadt durchs Grüne oder Hohe Tor, schritt die Langgasse und den Langen Markt ab und nahm dann in einem der pompösen Bürgerhäuser Quartier. Bis heute hat sich diese Route den Namen Königsweg bewahrt und ist die Prachtmeile Danzigs mit den repräsentativsten Gebäuden. Wie wär’s mit einer Kaffeepause im Café Ferber? Das rotgestylte Café spielt mit Danziger Traditionen: Patrizier Gesichter mit Stehkragen blinzeln von den Wänden, dazu erklingen Pop, Beat und Chillout Musik.
Mein Tipp: Übernachten Sie mit dem Wohnmobil außerhalb der Stadt im Grünen.
Mit der Straßenbahn erreichen Sie in 15 Minuten das Zentrum:
https://osrodekprzywydmach.pl/caravan-camping-park/
Über die masurische Seenplatte, wo man übrigens auch prima baden, aber auch paddeln, segeln und wandern kann, ging’s für uns weiter ins Baltikum.
Tallinn und das Baltikum
Erste Station: Kurische Nehrung in Litauen, ein länglicher Landstreifen an der Baltischen See, der sich auf einer Länge von knapp 100km vom litauischen Klaipėda im Norden bis ins südliche Kaliningrad erstreckt. Die Nehrung ist durch seine geschützte Lage ein wahres Naturparadies. Die weitläufigen Sandstrände und das malerisch bewaldete Hinterland bieten Raum für Erholung. Von hier aus ist es auch nicht weit ins lettische Ventspils und in den obersten Zipfel der Halbinsel Nordkurland.
Hier befindet sich der Nationalpark Slītere, wo sich das Meer, Laubwälder, Moore und Feuchtgebiete mit Borealwäldern und Schwarzerlen abwechseln und eine einzigartig schöne Landschaft schaffen. Eine wunderbare Bleibe für die Nacht finden Sie am Kap Kolka (http://www.kolka.info/de/).
Nach diesen Naturerlebnissen war es Zeit für Kultur- und Stadtleben. Lettlands Hauptstadt Riga – mit rund 700 000 Einwohnern grösste Stadt des Baltikums – hat davon viel zu bieten. Die alte Hansestadt ist berühmt für ihre Jugendstilbauten sowie für die gut erhaltene malerische Altstadt, die sich gut zu Fuss erkunden lässt.
Zum Übernachten fanden wir kurz vor der Grenze zu Estland den vorzüglich ausgestatteten Campingplatz Jūrasdzeņi mit Standplätzen direkt am Meer:
https://www.facebook.com/camping.jurasdzeni/?rf=207636696032778
In Estland angekommen, lohnt ein Abstecher auf die Insel Saaremaa. Die viertgrösste Insel der Ostsee besitzt eine artenreiche Tierwelt, in den Küstengewässern leben viele der heimischen Robbenarten wie etwa die Kegelrobbe. Außerdem liegen die Inseln im Zuggebiet zahlreicher Vogelarten wie etwa der Ringelgänse und Eiderenten, die diese im Frühjahr und Herbst als Zwischenstation auf ihrer Reise nutzen. Wer sich für Architektur interessiert, dem sei die Arensburg in Kuressaare empfohlen. Ende des 14. Jahrhunderts wurde die quadratisch angelegte Festung mit trutzigen Schutzwällen versehen.
Auf dem Weg nach Finnland führt kein Weg an Tallinn vorbei. Bevor man die Fähre nach Helsinki nimmt, ist es ein Muss, die Hauptstadt Estlands zu besichtigen! Eine Stadt zum Verlieben und das kulturelle Zentrum des Landes. Hier trifft Neuzeit auf Mittelalter. Die Altstadt Tallinn’s lässt sich prima zu Fuß erkunden und ist komplett von einer Stadtmauer umschlossen. Hier warten zahlreiche Geschäfte und Cafés, besonders einladend ist der historische Rathausplatz, der vom gotischen Rathaus und seinem 64m hohen Turm dominiert wird, wo man wunderbar eine Tasse Kaffee oder auch ein Glas Wein genießen kann.
Um über die Dächer Tallinn’s zu schauen, steigt man die Gasse Pikk Jalg hoch, passiert auf dem Weg die fotogene russisch-orthodoxe Kathedrale Alexander Newski und erreicht nach wenigen Minuten die Aussichtsplattform. Hier liegt einem Tallinn zu Füssen.
Ein passabler Stellplatz befindet sich im Pirita-Hafen, östlich der Stadt:
http://www.piritatop.ee/en/caravan-camping/
Am nächsten Tag ging’s für uns über die Ostsee. Im Internet lässt sich das Fährticket problemlos einen Tag zuvor buchen.
In nur 2 Stunden gelangt man mit der Fähre von Estland ins benachbarte Finnland und landet in dessen Hauptstadt Helsinki, wo unzählige Bauten einen Besuch wert sind. Sei es die prachtvolle Uspenski-Kathedrale oder das Olympiastadion, das für die Olympischen Spiele 1952 genutzt wurde wie auch der Sibeliuspark oder die berühmte Felsenkirche, einem einmalig modernen Bauwerk, das vollständig aus Stein in einen Felsen hineingebaut wurde. Und natürlich darf auch ein Erinnerungsbild mit dem weißen Dom im Hintergrund nicht fehlen. Nach so viel «Stadt» wurde es Zeit in die Natur zurückzukehren. Und das geht so richtig prima auf den malerischen Åland-Inseln im Südwesten Finnlands.
Geheimtipp Åland-Inseln
Sunde, Buchten und Sandstrände, kahle Granitklippen und dichte Wälder, weites Bauernland und sturmzerzauste Küstenpartien, eine artenreiche Flora und Fauna sowie das allgegenwärtige Wasser prägen die Landschaft.
Der Archipel Åland mit über 6.700 Inseln und Schären, der zwischen Schweden und dem finnischen Festland liegt, ist ein Paradies zum Wandern, Velofahren, Paddeln oder Vögel beobachten und deshalb ein perfektes Reiseziel für Natur- und Outdoorfans. Zumal die Inseln die meisten Sonnenstunden von ganz Finnland aufweisen. Allein schon die Anfahrt ist eine Reise wert. Ob mit der Fähre direkt in die einzige Stadt Ålands Mariehamn oder per Inselhopping, die Ausblicke vom Schiff aus auf die Schärenwelt sind einmalig. Durch seine Vergangenheit und fremden Einflüsse ist Åland äußerst kontrastreich und kulturell geprägt. Im 13. Jahrhundert gehörte Åland zur schwedischen Krone. 1809 besetzen die Russen den Archipel und erst nach der Russischen Revolution spricht der Völkerbund das Inselparadies Finnland zu. Auf Åland werden Autonomie, der Erhalt der eigenen Kultur und Gebräuche und die schwedische Sprache garantiert. Unter den Festland-Finnen wird gemunkelt, dass die auf ihren Inseln eh tun und lassen wie es ihnen gefällt. Das mag stimmen – und trägt zum Charme dieser Gegend bei.
Ein ganz besonderes Highlight ist das Insel-Hopping – das geht sogar mit einem Camper. Reservieren Sie Ihren Platz auf der Fähre unbedingt im Voraus – dank Internet ein Leichtes.
Gut zwei Fährstunden entfernt, liegt im Südosten das mystische Kökar, das ich Ihnen besonders ans Herz legen möchte. Die Insel besticht mit seiner herben Naturschönheit und den typisch kargen Schärenlandschaften. Zwischen 1400 und 1600 lebten hier Hunderte von Bootsmannschaften, die Ostseehering und Dorsche fingen. Heute ist Kökar mit 280 Bewohnern die zweitkleinste Gemeinde Ålands. Von der reichen Vergangenheit erzählt die Kirche, die in fantastischer Lage oberhalb der rötlichen Granitklippen der Westküste thront und mehr Gläubige fasst, als Menschen auf der Insel leben. Das Gotteshaus mit seinem hohen Schindeldach wurde mit Hilfe einer Kollekte aus ganz Schweden 1785 errichtet, nachdem russische Soldaten die alte Holzkirche niedergebrannt hatten.
Das Gebäude ist von einem stimmungsvollen Friedhof mit alten Eisenkreuzen umgeben und besitzt einen freistehenden Glockenturm, der früher als Leuchtfeuer diente. Unweit der Kirche sollte man sich die Überreste des ehemaligen Kellers einer Franziskanerklosters anschauen, dessen Mönche bis zur Reformation hier lebten. Karlby, die einzige Ortschaft auf Kökar, besticht mit einem sehenswerten Jachthafen; ein beliebter Treffpunkt für Tourensegler aus Schweden und Finnland. Hier ist im Sommer dank Restaurant, Lounge und Hotel immer was los – im Gegensatz zum weitgehend einsamen Rest dieses wunderschönen Flecken Erde. Versuchen Sie im Café Skärgårdsbröd gleich neben dem Hotel Brudhall das süßlich ålandische Schwarzbrot, das in Kombination mit salziger Butter und geräuchertem Lachs am allerbesten schmeckt. Prima übernachten können Sie hier: http://www.sandvik.ax/
Auf dem Weg nach Mariehamn passiert man Sottunga – mit gerade mal 100 Einwohnern gilt sie als die kleinste Gemeinde Ålands. Auch die Nachbarsinsel Föglö eignet sich bestens für einen Tagesausflug oder als Zwischenstopp in den Schären und besticht durch das idyllische Örtchen Degerby mit farbigen Holzhäuschen. Wählt man die nördliche Route kommt man an Brändö nicht vorbei, ein wahres Paradies für Angler. Die Straßenführung selbst muss man erlebt haben – der Weg windet sich malerisch über Brücken und Inselchen, vorbei an Gehöften und einsamen Stränden. Diese Route ist übrigens identisch mit dem historischen Postweg, der zur Zeit der Schwedenherrschaft eingerichtet wurde.
Zum sogenannten Pflichtprogramm eines Besuchs Ålands gehört auch der Halt in der «Hauptstadt». Mit gut 11’500 Einwohnern ist Mariehamn eine übersichtliche Kleinstadt mit netten, kleinen Läden. Im Seeviertel am Osthafen, das mit seinen Bootswerkstätten und Handwerkern eines der schönsten Fotomotive der Hauptstadt bildet, werden immer noch nach alter Tradition Boote gefertigt.
Alle, die ein Mitbringsel für zu Hause suchen, sollten einen Blick in den tollen Souvenirshop voller Handwerksprodukte in der Hafenanlage werfen. Wer etwas mehr Zeit mitbringt, sollte es nicht versäumen, dem Schifffahrtsmuseum einen Besuch abzustatten, wo auch das Museumschiff Pommern liegt – ein Viermastsegler, der 1903 in Glasgow vom Stapel lief und bis heute der einzige Viermaster weltweit ist, der in seinem ursprünglichen Zustand erhalten blieb.
Der interaktiv gestaltete Museumsrundgang informiert auf unterhaltende Art und Weise über die Bedeutung der Schifffahrt für die Åland-Inseln. Im größeren Umkreis des Hauptorts lohnen sich weitere Abstecher: die sehenswerten Bauten wie das mittelalterliche Schloss Kastelholm und das danebenliegende Freilandmuseum mit historischen Inselgebäuden, die ehemalige russische Festung Bomarsund oder aber auch die Bierbrauerei Stallhagen.
Via Karelia – entlang der finnisch-russischen Grenze
Nach dem ausgedehnten Inselhüpfen wollten wir unbedingt noch den Osten Finnlands kennenlernen und die damit verbundene Handelsstrasse Via Karelia, auf der vor zig Jahren die karelischen Kaufleute nach Norden reisten. Heute lädt die ostfinnische Urlaubsroute, übrigens die älteste Finnlands, ein, um die karelische Kultur und reiche Natur zu entdecken.
So fuhren wir – nach einer Nacht unmittelbar am Strand von Rauma und der Besichtigung des gleichnamigen Städtchens – in zwei Tagen knapp 1000km über Rovaniemi nach Salla unweit der finnisch-russischen Grenze. Natürlich durfte auch der obligate Besuch beim Weihnachtsmann nicht fehlen. Unweit des Ortes Rovaniemi campt man übrigens schön am Fluss bei https://saarituvat.fi/index.html
In Salla, dem Ausgangspunkt der Via Karelia und dem nordöstlichsten Punkt unserer Reise, lohnt es sich den noch wenig bekannten Rentierpark zu besuchen. Auf einem schön angelegten Rundwanderweg geht’s in gut zwei Stunden über Stock und Stein, über Bohlenwege durch Sumpfgebiet, vorbei an einem See zu den Rentieren, die sich hier «frei» bewegen und sogar streicheln lassen. Wenn da nur nicht die lästigen Mücken wären…
Am folgenden Tag führte uns die Via Karelia in den Oulanka National-Park – einer der schönsten Aufenthalte unserer Reise, erinnert einen der Park doch an die endlosen Wälder Kanadas. Hier lässt sich prima wandern. Ob bloss eine Stunde, zwei oder den ganzen Tag – Sie entscheiden über Länge und Dauer. Versäumen Sie auf jeden Fall nicht, die eindrücklichen Stromschnellen aufzusuchen, wo sich das Wasser durch eine enge Schlucht zwängt. Ein grossartiges Schauspiel! Auch der Campingplatz direkt im Nationalpark und eine Sauna am Wasser – die man für sich mieten kann – lädt zu einem mehrtägigen Aufenthalt ein.
100 km südlicher lockt der Hossa-Nationalpark mit einem ansprechenden Campingplatz unweit des Besucherzentrums. Ein schöner Rundwanderweg am grössten Canyon-See Finnlands Julma-Ölkky verläuft 3 km oberhalb der Steilwände. Via Hängebrücke lässt sich die gegenüberliegende Canyon-Seite erreichen.
Falls Sie einmal in freier Natur übernachten möchten – in ganz Skandinavien ist dies dank dem Jedermannsrecht erlaubt – in Ruunaa direkt an der finnisch-russischen Grenze gibt es ausgewiesene Naturplätze mitsamt Feuerstelle wie man es von Campingplätzen in den USA und Kanada kennt. Hier werden auch Wildwasserfahrten mit traditionellen Holz- oder modernen Schlauchbooten veranstaltet. Möglich sind zudem Paddeltouren per Kanu oder Kajak.
Am Ende der vierwöchigen Wohnmobilreise wartete noch ein ganz besonderes Highlight auf uns. Auf der Saimaa-Seenplatte im Südosten Finnlands lebt eine der bedrohtesten Tierarten dieser Erde. Nur noch etwa 400 Exemplare der Saimaa-Ringelrobbe tummeln sich in den Gewässern rund um die beiden Nationalparks Linnansaari und Kolovesi, wo die Säugetiere ihre Jungen gebären und aufziehen. Auf einer geführten Robbensafari an einem herrlichen finnischen Sommerabend hatten wir das große Glück, zwei dieser wunderschön gezeichneten Robben beim Sonnen zu beobachten!
Natürlich soll bei einer Reise in fremde Länder das Gaumenerlebnis nicht zu kurz kommen. Probieren Sie einmal karelische Piroggen (gefüllte Teigtaschen) und geschmortes Wurzelgemüse. Je weiter man sich vom Finnischen Meerbusen Richtung Norden entfernt, desto stärker und unverwechselbarer werden die Geschmackserlebnisse. In der Nähe von Virolahti sind es die Ostseeheringe und andere Seefischarten. In Südkarelien sollten Sie nebst den handgemachten Piroggen auch verschiedene Fladenbrotsorten probieren. In Savonlinna schmecken Ihnen bestimmt die Kleinen Maränen oder auch die Saimaa-Seeforelle.
Wie wär’s zum Nachtisch mit einem Stück herrlich frischem Quarkkuchen oder einer Lörtsy, einer Teigtasche gefüllt mit Apfelmus oder Beerenkonfitüre.
Auszuprobieren zum Beispiel im netten Städtchen Porvoo. Wenn es um Delikatessen und Inneneinrichtung geht, ist Porvoo definitiv eine der besten Adressen in Südfinnland. Schon im 19. Jahrhundert reisten die Helsinkier hier hin, um die Cafés und Restaurants der Stadt zu besuchen. Die gemütlichen Inneneinrichtungsgeschäfte sind im ganzen Land berühmt und führen verschiedene Stilepochen- von edlen Antiquitäten bis hin zu modernen Einrichtungsstücken findet man hier alles, was das Herz begehrt. Porvoos bekannteste Wahrzeichen sind die reizenden, rot gestrichenen Holzhäuser am Fluss. Einst wurden sie als Lagerhäuser für Güter und exotische Delikatessen aus fernen Ländern genutzt.
Heimreise
Zurück in Helsinki schließt sich der Bogen unserer Reise. Fürs Nachtlager empfehle ich den Rastila-Camping etwas außerhalb der finnischen Hauptstadt. Mit der Metro gelangen Sie von hier aus in 15 Minuten in die Innenstadt: https://www.hel.fi/helsinki/en/culture/leisure/rastila
Nicht ganz billig, dafür komfortabel, bringt uns die Fähre der Reederei Finnlines in knapp 29 Stunden zurück nach Deutschland. Nebst einem guten kulinarischen Angebot – buchen Sie online das Essenspaket – können Sie bei einem abendlichen Saunagang und einem Schlummertrunk die untergehende Sonne geniessen und die wunderbaren Erlebnisse der letzten Wochen Revue passieren lassen.
Nicht ganz billig, dafür komfortabel, bringt uns die Fähre der Reederei Finnlines in knapp 29 Stunden zurück nach Deutschland. Nebst einem guten kulinarischen Angebot – buchen Sie online das Essenspaket – können Sie bei einem abendlichen Saunagang und einem Schlummertrunk die untergehende Sonne geniessen und die wunderbaren Erlebnisse der letzten Wochen Revue passieren lassen.
GASTBEITRAG VON MICHAEL BACHMANN
Wenn ich nicht gerade als Produzent fürs Schweizer Fernsehen arbeite, bin ich unterwegs auf diesem wunderbaren Planeten. Auf dem Wasser, in der Luft oder wie dieses Mal per Landweg. Ich liebe das Reisen auf eigene Faust. Mit Camper und Familie ein neues Land entdecken: Die Schönheiten der Natur. Die Stille. Die einzigartigen Tierwelten. Die unendlichen Weiten. Aber auch pulsierende Städte und Kulturschätze. Einen kleinen Vorgeschmack auf Ihr nächstes Abenteuer finden Sie in diesem Artikel. Kommen Sie mit und erleben Sie zusammen mit mir den Nordosten Europas.
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