Stell Dir vor, Dein Zuhause ist immer dabei. Kein Kofferpacken, keine Hotelsuche, keine festen Pläne. Genau so sieht unser Leben die meiste Zeit aus. Seit fünf Jahren reisen wir mit dem Wohnmobil auf ausgedehnten Langzeitreisen durch Europa und darüber hinaus. Wir haben die Fesseln des Alltags abgeschüttelt und genießen die unendlichen Möglichkeiten, die das Reisen auf diese Weise bietet.
Wie bei uns alles begann
Alles begann mit diesem einen Moment. Gefangen in der Routine des Büroalltags und dem Spagat zwischen Kita, Haushalt und Verpflichtungen, sahen wir uns eines Abend auf der Couch in die Augen und stellten uns die Frage – Ist es das jetzt? Ist dies das Leben, auf das wir alle die Jahre hingearbeitet haben? Eine schöne Wohnung, ein sicherer Job, ein Auto und zwei gesunde Kinder. Mehr als Grund genug, wirklich glücklich zu sein oder? Warum haben wir jedoch das dumpfe Gefühl es nicht zu sein?
In der Routine des Alltags verschwimmen die immergleichen Tage zu Monaten und Jahren. Wir wollten das Leben spüren, den Fahrtwind im Gesicht und das Salz der Gischt auf den Lippen schmecken. Also setzten wir alles auf eine Karte und kündigten unser altes Leben. Mit der Freiheit im Gepäck und der Sonne entgegen starteten wir 2019 unsere erste Reise.
Das Reisen im Camper ermöglicht es uns, einfach loszufahren und die schönsten Landschaften, Städte und Stellplätze zu entdecken. Die Welt ist dabei unser Garten und hinter jeder Ecke neue spannende Begegnungen. Wir bleiben, wo es uns gefällt und fahren bei schlechtem Wetter der Sonne hinterher. Doch Langzeitreisen im Camper haben nicht nur Vorteile, wie wir schon gleich zu Beginn unserer ersten Roadtrips feststellen durften, gibt es auch eine Menge Herausforderungen.
Wenn die Kinder nach einer langen Fahrt langsam quengelig werden, der herausgesuchte Stellplatz aufgrund einer Baustelle aktuell geschlossen ist, man dann notdürftig auf einem vermüllten Rastplatz übernachtet und zu guter Letzt auch noch das Gas beim Kochen des Abendessens leer geht, dann ist wenig übrig von der eigentlichen Camping-Romantik und dem Freiheitsgefühl.
Damit Du möglichst wenig von solchen unschönen Erfahrungen auf deinen Campingreisen erlebst, möchten wir in diesem Artikel unsere wichtigsten Tipps für Kurz- und Langzeitreisen im Camper ebenso mit Dir teilen, wie unsere skurrilsten, witzigsten und beängstigten Erlebnisse aus fünf Jahren on the Road.
Tipps für einen Camping-Urlaub (7-14 Tage)
- Plane Deine Reise in sinnvollen Etappen. Wir schaffen mit unseren Kids maximal 6-7 Stunden mit Spiel- und Essenpausen. Suche Dir entsprechend dieser Distanz schöne Stellplätze im Grünen mit Spielmöglichkeiten für die Kinder unweit der Autobahn heraus. Wenn es sich dabei um Campingplätze handelt und Du in der Hochsaison reist, buche Deine Übernachtung vorab schon, um sicher zu stellen, dass Du auch einen Platz bekommst.
- Mache einen gründlichen Fahrzeugcheck etwa eine Woche vor Abreise. Nichts ist schlimmer als erst unterwegs festzustellen, dass der Kühlschrank kaputt ist oder der Keilriemen nach den ersten 800 Km reißt.
- Achte auf das Gewicht beim Packen für den Urlaub. Viele Campingfahrzeuge haben kaum noch Zuladung und auch wir waren auf unserer ersten Reise 300 Kg überladen. Damit zahlt man nicht nur mehr Maut, hat höhere Spritkosten, sondern es ist auch ein Sicherheitsrisiko und im schlimmsten Fall erlischt sogar dein KFZ-Versicherungsschutz.
- Unsere Tipps zum Gewichtsparenden Packen: Nimm eher wenig Kleidung mit. In der Regel tendiert man dazu, viel zu viel mit zu nehmen. Vor Ort gibt es auch Supermärkte, nimm daher nur einen Basisvorrat für 3-4 Tage mit und ggf. spezielle Lebensmittel auf die unter keinen Umständen verzichten möchtest. Bücher, zu viele Handtücher und ein zu großer Vorrat an Getränken sind „häufige Gewichtsfallen“. Frage Dich auch, ob Du die Fahrräder oder andere schwere Freizeitgeräte wirklich nutzen wirst oder Du dir nicht lieber vor Ort für diesen einen Tag etwas ausleihen möchtest.
- Buche Deinen Campingplatz am Zielort im voraus, vor allem in der Hochsaison. Wir haben häufig komplett ausgebuchte Plätze auf unseren Reisen gesehen.
- Übernachte niemals auf Autobahnraststätten. Vor allem nicht in der Nähe von Ballungsgebieten. Wir wurden tatsächlich schon einmal nachts auf einer Autobahnraststätte ausgeraubt.
Tipps für Langzeitreisen im Camper (>14 Tage)
Etwas anders lauten unsere Tipps für Langzeitreisende. Egal ob Elternzeitreise, Sabbatjahr oder der Einstieg ins Vollzeit-Vanlife, hier gilt es die Magie der zeitlichen Freiheit auszukosten, sich treiben zu lassen und sich Zeit für die Routen und Geschichten abseits der ausgetretenen Touristenpfade zu nehmen.
- Lege Dich im voraus nicht so exakt fest mit Deiner Route, sei offen für Tipps von anderen Reisenden und Inspiration während Du reist. Plane lieber ein paar Eckpunkte, also Orte die Du gerne sehen möchtest und lasse Dich auf dem Weg dorthin treiben.
- Plane im voraus nicht zu viele Spots und Highlights. Denn zum einen ist es ziemlich anstrengend von einer Sehenswürdigkeit zu nächsten zu hetzten und zum anderen kommt es auf solchen Reisen eh immer anders als gedacht. Das Wetter wird Euch hier und da mal einen Strich durch die Rechnung machen und manchmal ist es auch einfach schön an einem Ort länger zu bleiben.
- Plane spätestens nach drei Wochen intensiven Roadtrip mit vielen Stopps und häufigen Ortswechseln einen längeren Aufenthalt einem Ort, der allen Mitreisenden gut gefällt.
- Das beengte Raumangebot im Camper bietet sehr viel Konfliktpotenzial, daher ist gutes Wetter so ziemlich das Wichtigste für den „Wohnmobil-Segen“. Spätestens nach 2-3 vollen Regentagen, fällt uns im Camper die Decke auf den Kopf. Wir behalten immer das Wetter sehr Auge und fahren auch schon mal 500 km, um einer zweiwöchigen Schlechtwetterfront zu entkommen.
- Mache Dir Gedanken über Deine Gasversorgung. Die vollen Flaschen aus Deutschland reichen nicht ewig und dann benötigst Du Nachschub. Mit der App „Park4Night“ kannst du zwar unterwegs nach „Gas“ filtern und findest so vielleicht Plätze an denen Du deine deutsche Flasche mit LPG Autogas auffüllen lassen kannst. Aber das ist in den meisten Ländern eigentlich nicht legal. Eine Möglichkeit ist es direkt auf LPG Gas umzurüsten oder spezielle Adapter mit zu nehmen, die es Dir ermöglichen, landestypische Gasflaschen zu nutzen. Gerade für für Spanien und Portugal empfehlen wir den „Clip-On-Adapter“. Damit lassen sich die günstigen Flaschen von Repsol an unser deutsches Gas-System im Wohnmobil anschließen.
Hinweis: In Portugal gibt fast ausschließlich Butangas an den Tankstellen zu kaufen. Das ist für gasbetriebene Kühlschränke (Rußbildung) und bei sehr niedrigen Temperaturen problematisch. Wir konnten einmal unsere Heizung nicht anmachen, da die Gasflasche so kalt war, dass der Siedepunkt von -0,5 Grad des Butans unterschritten wurde und es nicht mehr ohne weiteres in den gasförmigen Zustand wechseln konnte.
Geräte wie unsere Truma Heizung oder der Absorber-Kühlschrank können jedoch nur den gasförmigen Zustand verarbeiten. - Wenn Du über die kalten Monate im Süden Europas überwintern möchtest, stelle Dich darauf ein, dass viele Camping- und Stellplätze geschlossen haben. Wir empfehlen daher, den Camper autark auszurüsten, so dass Du auch mal länger Freistehen kannst. Das wichtigste dabei ist eine Solaranlage, ein Wechselrichter, ausreichend dimensionierte Wassertanks und eine Trockentrenntoilette, die Dich unabhängig von Entsorgungsstationen macht.
3 Geschichten aus 5 Jahren Campingreisen durch Europa
1.) „Idylle und herzliche Gastfreundschaft in Bosnien“
Auf unserer Reise von Berlin bis Griechenland sind wir auch durch das wirklich schöne Bosnien Herzegowina gefahren. Auf der Suche nach einem Campingplatz am See sind wir einem Google-Maps Eintrag in ein winziges Dorf gefolgt. Einige Häuser wirkten verlassen und ziemlich herunter gekommen. Als die Straße dann immer kleiner und unbefestigter wurde, beschlich uns das ungute Gefühl, dass wir hier möglicherweise nicht ganz richtig sind. Am Ende der Straße angekommen, standen wir mit unserem Camper direkt vor dem großem Stausee. Hier gab es allerdings weit und breit keinen Campingplatz, sondern nur ein privates Einfamilienhaus.
Etwas irritiert stiegen wir aus und schauten uns fragend um, als ein junges Mädchen aus dem Einfamilienhaus zu herüber lief und uns in sehr gutem Englisch auf dem Campingplatz willkommen hieß. Es stellte sich heraus, dass der „Campingplatz“ sich im Garten der Großfamilie befindet.
Mit einigem Rangieraufwand parkten wir mit einer unfassbar atemberaubenden Aussicht auf den See direkt neben Obstbäumen und Himbeerbüschen.
Die Gastgeber-Familie nahm uns so unglaublich herzlich auf, dass der Aufenthalt auf ihrem Grundstück zu einem unserer schönsten Erinnerungen in Bosnien wurde. Wir saßen abends gemeinsam mit dem Großvater der Familie am Lagerfeuer, tranken selbst gebrannten Obstschnaps und tauschten mit Hilfe der Englischkenntnisse der jüngsten in der Familie Geschichten aus. Wir bekamen jede Menge spannende Einsichten über das Leben in Bosnien, über die Lage des Stausees und haben hier den leckersten Kuchen unseres Lebens gegessen. Übersetzt lautete der Name des Kuchens so viel wie „Sommertraum“.
2.) „Nachts auf einer Autobahnraststätte in Frankreich“
Natürlich gab es auf unseren Reisen nicht nur schöne Erfahrungen. Die wohl gefährlichste ereignete sich aufgrund einer Verkettung von unglücklichen Zufällen und einer großen Portion Eigenverschulden. Auf einer langen Rückfahrt Portugal nach Deutschland kamen wir ziemlich übermüdet im Großraum Bordeaux an. Der Plan war eigentlich deutlich vorher schon einen Platz für die Nacht zu suchen, aber wir entschieden uns dafür, noch ein wenig Strecke zu machen und wollten hinter Bordeaux übernachten. Leider stellten wir dabei fest, dass wir tatsächlich zu müde sind, um sicher weiter fahren zu können. Da wir keinen geeigneten Stellplatz per App in der Nähe fanden, machten wir etwas, was man eigentlich nie tun sollte: Wir entschieden uns dazu, wenigstens ein paar Stunden auf einer Autobahnraststätte zu schlafen und dann ganz früh morgens weiterzufahren.
Gesagt getan. Direkt neben einer hell beleuchteten und belebten Tankstelle mit etwa 15 anderen Campingfahrzeugen, die hier auch übernachteten, fühlten wir uns recht sicher. Am nächsten Morgen wachten wir mit Kopfschmerzen auf und mussten feststellen, dass jemand die Beifahrertür aufgebrochen und unser gesamtes Bargeld für die Maut gestohlen wurde. Das mulmige Gefühl, dass jemand während wir schliefen in unserem Camper war, beschäftigte uns noch eine ganze Weile. Denn aufgrund der Kopfschmerzen und dem Nichtanschlagens unseres Hundes, sind wir uns nicht sicher, ob nicht möglicherweise eine Art Narkosegas verwendet wurde. Dann hätten wir auch nicht mitbekommen, wenn jemand unsere Kinder entführt hätte oder sogar noch schlimmeres. Aber wir hatten „Glück im Unglück“ und es fehlte uns nur Bargeld und das Schloss der Beifahrertür wurde beschädigt.
Wie man sich vorstellen kann, war dies unsere letzte Übernachtung auf einer Autobahnraststätte und seitdem achten wir noch mehr auf bessere Stellplatz-Planung, wenn wir längere Strecken fahren.
3.) „Unerwartet traumhaft schöner Stellplatz auf dem Weg zum Atlantik“
Auf Reisen im Wohnmobil sind es manchmal die Zufallsentdeckungen, die diese Art des Reisens so spannend und interessant machen. Auf dem Weg quer durch Frankreich zum Atlantik sind wir eines Tages deutlich mehr gefahren, als wir eigentlich an dem Tag schaffen wollten. Als sich die Dämmerung so langsam ankündigte suchten wir mit den einschlägigen Stellplatz-Apps nach etwas Passendem in der Nähe. Wir wollten nur einen ruhigen und sicheren Platz für die Nacht und hatten ansonsten keine großen Ansprüche. Wir navigierten auf gut Glück einfach zum nächst gelegenen Platz und fielen dort aus allen Wolken. Denn wir sind an diesem Abend in dem Mittelalterort „Bellac“ gelandet. Dort gab es nicht nur einen wunderschön gelegenen kostenlosen Stellplatz für Camper direkt an einem malerischen Park mit Spielplatz für unsere Kinder, sondern der Ortskern selbst ist auch heute noch aufgrund seiner Entstehung im zehnten Jahrhundert ebenso malerisch wie die Umgebung. Die einstig wichtige Handelsstadt im Mittelalter hat viel seines ursprünglichen Charakters behalten können. Natürlich blieben wir länger als eine Nacht in dieser schönen Zufallsentdeckung.
Wir sind Jasmin und Jonas und wir reisen mit unseren beiden Kindern im Camper durch Europa und darüber hinaus. Wenn Du wissen möchtest, wo wir jetzt gerade sind und was wir dort erleben, schau gerne auf unseren Kanälen vorbei:
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