Das traditionsreiche Jedermannsrecht in Norwegen, Schweden und Finnland erlaubt es, sich frei in der Natur zu bewegen – und an vielen Stellen sogar sein Zelt aufzuschlagen. Entgegen der weit verbreiteten Annahme gelten die großzügigen Freiheiten vielerorts aber nicht oder nur eingeschränkt für Wohnmobile. Wir geben Ihnen einen Überblick über die Vorschriften in den skandinavischen Ländern. Zudem beleuchten wir, wo es in Europa vergleichbare Regelungen gibt.
Jedermannsrecht in Norwegen – im Land der (fast) grenzenlosen Freiheit
Der würzige Duft des Waldes liegt in der Luft. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne tauchen das Meer in ein traumwandlerisch schönes Licht. Und Sie entfachen am Ufer unmittelbar neben Ihrem Camper ein prasselndes Lagerfeuer auf dem eigens hierfür ausgewiesenen Feuerplatz am Strand. Was fast zu schön klingt, um wahr zu sein, lässt sich in Norwegen oft realisieren. Das vielzitierte „Jedermannsrecht“ macht es möglich. Das Besondere: Wildcamping wird – anders als in den Nachbarländern – vielerorts sogar im Wohnmobil toleriert. Ausdrücklich erlaubt, ist es allerdings auch in Norwegen nicht.
Wörtlich heißt es auf visitnorway.de, der offiziellen Plattform zur Vermarktung Norwegens als Reiseziel: „Sie dürfen auf dem Land, in Wäldern und Bergen unter freiem Himmel schlafen oder ein Zelt aufstellen – unter einer Voraussetzung: Es sollte mindestens 150 Meter Abstand zum nächsten bewohnten Haus oder zur nächsten bewohnten Hütte gehalten werden. Diese Regelung gilt auch für Vans, Wohnmobile und Wohnwagen.“
Folgende drei Regeln sind dabei immer zu beachten:
- Halten Sie einen Mindestabstand von 150 Metern zum nächsten bewohnten Haus ein.
- Holen Sie sich die Erlaubnis des Grundbesitzers ein, wenn Sie mehr als zwei Nächte in Folge an der selben Stelle übernachten möchten.
- Entleeren Sie die Toilette ausschließlich an ausgewiesenen Entleerungsstellen.
Sind Sie auf der Jagd nach einem besonders intensiven Camping-Erlebnis inmitten der unberührten Natur, ist Norwegen zweifellos die Top-Destination in Europa. Aber auch die naturnahen Campingplätze des Landes bieten viele idyllische Stellplätze – bei ungleich höherem Komfort.
Jedermannsrecht in Schweden – Wildcamping mit Einschränkungen
Auch in Schweden erlaubt das Jedermannsrecht („allemansrätt“) sogenanntes „Wildcamping“. Zumindest das Zelten in der Wildnis ist damit unter Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln möglich. Anders als in Norwegen gelten die Regeln des Jedermannsrechts allerdings prinzipiell nicht für motorisierte Fahrzeuge. Soll heißen: Das Jedermannsrecht in Schweden gilt nicht für Wohnmobile! Camper-Reisende müssen daher auf die schönen Camping- und Stellplätze des Landes ausweichen. Zumindest für mehrtägige Übernachtungen. Für einen Zeitraum von maximal 24 Stunden dürfen Sie auch am Straßenrand oder auf ausgewiesenen Rastplätzen übernachten. Je nach Gemeinde können allerdings andere Regeln gelten. Auf Rastplätzen informiert in der Regel ein Schild über abweichende lokale Ordnungsvorschriften.
Jedermannsrecht in Finnland
Ähnlich wie in Schweden dürfen Sie sich auch in Finnland frei in der Natur bewegen und unter Umständen sogar ein Zelt aufschlagen. Die uralten Jedermannsrechte („Jokamiehen oikeudet“) gelten allerdings nur für Urlauber, die unmotorisiert unterwegs sind. Mit einem Wohnmobil ist ein besonders naturnahes Camping nur auf den Campingplätzen Finnlands möglich. Freistehen allerdings ist am Straßenrand und auf Rastplätzen erlaubt. Es sei denn, vor Ort gelten andere Regeln. Finden Sie Schilder mit der Aufschrift „Leiriytyminen kielletty“ (Camping verboten), ist das Stehen über Nacht nicht gestattet. Und auch in der Nähe von Gebäuden dürfen Sie nicht übernachten.
Das Jedermannsrecht in anderen Ländern
Streng genommen kennen nur die skandinavischen Länder Norwegen, Finnland und Schweden ein historisches Jedermannsrecht. In den meisten anderen Ländern Europas ist Wildcamping und freies Stehen in vielen Fällen nicht gestattet und wird mit Bußgeldern belegt.
In einigen wenigen Ländern gelten allerdings Regelungen, die mit dem Jedermannsrecht in Schweden, Norwegen und Finnland vergleichbar sind. Ein Überblick:
Land | Regelungen |
---|---|
Dänemark | Anders als im übrigen Skandinavien gilt in Dänemark kein Jedermannsrecht! Auf ausgewiesenen Parkplätzen entlang der Straße können Sie jedoch oft über eine Nacht freistehen (auf Beschilderungen achten!). Campingverhalten allerdings darf keines gezeigt werden. |
Schottland | Der „Outdoor Access Code“ ist gewissermaßen das schottische Pendant zum Jedermannsrecht. Auf den meisten – nicht eingezäunten – Flächen dürfen Sie mit einem Zelt übernachten. Zum Freistehen mit dem Wohnmobil gibt es keine offiziellen Gesetze. Vielerorts werden Wohnmobile geduldet, wenn Sie nicht mehr als 15 Yards (ca. 14 Meter) über Nacht von der Straße entfernt stehen. Eine entsprechende Beschilderung kann das Freistehen allerdings auch ausdrücklich verbieten. |
Baltikum | Abgesehen von Nationalparks, Naturschutzgebieten und Privatgrundstücken wird in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen Wildcamping via Zelt toleriert. Auch das Freistehen mit dem Camper wird abseits von Städten geduldet. |
Schweiz | Auch in der Schweiz ist das Wildcamping nicht generell verboten. Es gibt allerdings sehr viele Ausnahmen und Einschränkungen – auch von Kanton zu Kanton. Ob das freie Stehen mit einem Wohnmobil gestattet ist, sollten Sie daher immer vor Ort klären. |
Diese Grundregeln sind immer einzuhalten
Egal, ob im Zuge des Jedermannsrecht oder beim tolerierten Wildcamping: An die folgenden Regeln sollten sich Wohnmobil-Urlauber immer halten:
- Machen Sie kein Lagerfeuer, es sei denn die gesetzlichen Regelungen erlauben dies (meist auf ausgewiesenen Plätzen) ausdrücklich.
- Übernachten Sie nicht in der Nähe von Häusern oder Hütten, um Anwohner nicht zu stören.
- Campen Sie nicht ohne Erlaubnis auf Privatgrundstücken.
- Stören Sie die heimische Tierwelt nicht und verursachen Sie so wenig Lärm wie möglich.
- Verlassen Sie Ihren Stellplatz so, wie sie ihn vorgefunden haben. Folgen Sie dem Ideal, nichts zu hinterlassen außer „dem eigenen Fußabdruck“.
- Achten Sie auf Schilder, die das Freistehen verbieten.
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